Das Auge von Pferd Inka

Dein Pferd sieht die Welt anders als du. Wahrscheinlich hast auch du schon einmal die nachfolgende Situation miterlebt. Diese oder so ähnliche:

Du bist mit deinem Pferd beim Ausreiten. Auf dem Hinweg spielt die neu gestrichene Bank für dein Pferd keine Rolle, aber auf dem Rückweg scheint sich genau diese Bank zu einem pferdefressenden Monster zu entwickeln. Die Hufe werden in den Boden gerammt, die Nüstern gebläht, der Kopf hochgerissen und an ein Weiterreiten ist erstmal nicht zu denken.
Oder du bist mit deinem Pferd auf Turnier. Um auf den Abreiteplatz zu kommen, musst du an so allerhand vorbei. Es gibt andere Pferde, die im Hänger nervös rumpoltern. Traktoren, die für das Abziehen der Böden benötigt werden. Nervöse Menschen, die hektisch durch die Gegend laufen. Dein Pferd kennt das bereits und bleibt ganz cool. Beim Abreiten selber klappt alles nach Wunsch und schon musst du in die Prüfung. Voller Zuversicht beginnst du, deine Aufgabe zu reiten oder deine Parcour zu springen. Alles läuft super. Doch plötzlich erkennt dein Pferd einen Lichtstrahl oder einen kleinen Schatten auf dem Boden. Augenblicklich ist die Konzentration deines Lieblings dahin. Und jetzt schaffst du es nicht mal mehr, vernünftig in die Ecke zu reiten.
Wir könnten noch tausende solcher Beispiele schildern. Tatsächlich versteht man manchmal nicht, was in den Köpfen der Pferde gerade vorgeht.

Dabei wäre es nicht schwer zu erkennen, wenn du nur einmal mit den Augen dieses sensiblen Tieres sehen könntest. Pferde sind Fluchttiere und genau darauf sind ihre Augen ausgelegt. Sie erkennen Gefahren schon deutlich früher als wir Menschen. Besonders Bewegungen! Selbst aus sehr weiter Entfernung. In der freien Wildbahn ist genau das überlebenswichtig, denn es könnte sich schließlich um ein Raubtier handeln.

Rundumblick des Pferdes

Die Augen eines Pferdes sitzen seitlich am Kopf und nicht wie bei uns Menschen nach vorne gerichtet. Somit hat dein Pferd einen deutlich größeren Sehwinkel. Dieser beträgt fast 180 Grad je Auge und ermöglicht damit beinahe einen Rundumblick. Doch das Interessante daran ist, dass der Schwerpunkt des Sehwinkels unten liegt. So kann es Gefahren, die auf dem Boden liegen, früh entdecken. Im Falle einer Flucht ist das sehr wichtig, um nicht eventuell zu stolpern. Nun ist es auch leichter zu verstehen, dass Dinge, die auf dem Boden liegen, schneller als Gefahr wahrgenommen werden. Selbst wenn es sich nur um einen Schatten handelt.

Zeichnung Sichtfeld Pferd

Eingeschränkter Sichtbereich

Dein Pferd kann nur zwei Bereiche, also zwei tote Winkel, nicht einsehen. Das ist zum einen der Bereich direkt vor der Nase sowie der Bereich der Schweifrübe. Deshalb ist es auch sehr wichtig dein Pferd anzusprechen, wenn du dich ihm von hinten näherst. Andernfalls könnte es sich erschrecken und austreten. Pferde sehen monokular. Das bedeutet, sie sehen einäugig. Das rechte Auge sieht die Welt von der rechten Seite und das linke sieht die Welt von der linken Seite. Also sehen sie zweidimensional. Es gibt nur einen Bereich, wo das Pferd dreidimensional (60 Grad) sehen kann. Vor dem Pferd überschneidet sich das Sehfeld des rechten Auges mit dem des linken Auges. Anders ist es bei uns Menschen. Wir sehen binokular. Unsere Sehfelder überschneiden sich.

Wann kann ein Pferd scharf sehen

Nur wenn dein Pferd seinen Kopf in die Richtung eines Gegenstandes dreht, kann es diesen richtig fokussieren bzw. scharf sehen. Jetzt hat es die Möglichkeit binokular, also mit beiden Augen, zu sehen. Jedoch arbeitet die Linse eines Pferdeauges nicht so feinmotorisch, wie die eines Menschen. Das bedeutet, dass dein Pferd nie so scharf sehen kann wie du selber. Gegenstände mit mehr als 10 Meter Entfernung werden nur verschwommen wahrgenommen.

Verknüpfung Auge und Gehirn

Das rechte Auge ist mit der linken Gehirnhälfte verknüpft und das linke Auge mit der rechten Gehirnhälfte. Leider hakt es manchmal mit der Verknüpfung. So erklärt sich, dass die „neu gestrichene Bank“ auf dem Heimweg eine größere Rolle spielen kann, wie auf dem Hinweg.

Das Auge unseres Fohlens

Wie farbenfroh ist die Welt deines Pferdes

Leider ist die Welt deines Pferdes nicht annähernd so schön bunt wie für dich. Wir Menschen verfügen in unserem Auge über drei Zapfenarten. Die Roten, die Grünen und die Blauen. Dein Pferd besitzt nur zwei. Ihm fehlt das Rot. Somit kann es die Farbe Rot gar nicht erkennen. Blau und Gelb werden hingegen sehr gut erkannt. Alles in allem ist die Welt deines Lieblings etwas grauer.

In der Dunkelheit

Im Gegensatz zu dir hat dein Pferd im Dunkeln keine Probleme zu sehen. Zwar braucht es einen Moment, um sich anzupassen, aber danach klappt das sehr gut, denn es hat eine Art Restlichtverstärker im Auge. Diese reflektierende Schicht auf der Netzhaut (Tapetum lucidum) spiegelt nicht nur Licht, das die Netzhaut bereits passierte, sondern wirft es nochmals zurück. Du kennst das von Katzen und anderen nachtaktiven Tieren.

Wenn du lernst zu verstehen, wie dein Pferd die Welt sieht, dann hast du die Möglichkeit, auf Probleme besser und fairer zu reagieren. Frustration, die häufig zu unfairem Handeln führt, kann so beseitigt werden.

Januar 06, 2021 — Julia Schuster
Stichworte: Tipps

Kommentare

Maja Feller:

Super Erklärt🥰

kathy:

wow,
das hab ich so genau ja gar nicht gewusst.
Ich habe einen Isländer und der ist auf dem Linken Auge Blind.
das heißt er sieht ja noch weniger.
So genau habe ich da gar nicht drüber nachgedacht.

Zoe:

Hi,
wollte fragen ob Pferde mit einem oder zwei Blauen Augen nochmal anders sehen?
Interessiert mich nur dar meiner zwei Blaue Augen hat ( ;
LG

Chiara:

Wow, sehr interessant. Jetzt habe ich viel dazugelernt.💓😍🥰

Annika Glatzer:

Ein sehr interessanter Artikel❤️ Darüber hatte ich mich noch nie informiert und weiß jetzt aber Bescheid. Danke ihr seit die besten😘🥰

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